Darstellung der heiligen Hildegard von Bingen mit Zweig und gefülltem Fläschchen in der rechten Hand und einem Buch gehalten links an der Brust.

Hildegard von Bingen - In Gottes Licht

Visionärin und Universalgelehrte

Zu Recht als eine der bedeutendsten Frauen des Mittelalters angesehen, macht die heilige Hildegard von Bingen auch noch heute von sich reden und dient vielen Menschen mit ihrem faszinierenden Leben als Quell der Inspiration.

Doch was genau machte diese deutsche Ordensschwester aus dem 11. Jahrhundert eigentlich zu einer heute international bekannten und angesehenen Persönlichkeit?

Visionärin und Universalgelehrte

Die Benediktinerin Hildegard von Bingen war nicht nur eine Geistliche, die ihr Leben von klein auf in den Dienst Gottes stellte – sie zählte auch zu den wenigen Menschen ihrer Zeit, die ungewöhnlich vielseitige Interessen und Kenntnisse auf verschiedenen Gebieten der Wissenschaft besaßen. Hildegard gilt aufgrund ihrer Visionen als frühe Vertreterin der Mystik des Mittelalters und hinterließ ein bedeutendes Werk, welches sich Gebieten wie der Naturheilkunde, der Dichtung, der Musik, der Kosmologie sowie der Ethik widmet und auch noch in unserer Zeit große Beachtung findet.

Hildegard von Bingen war nicht nur eine für ihre Zeit besondere und starke Frau. Sie vermochte es, sich als Frau in einer Führungsposition unter Männern Gehör zu verschaffen. Mit Feingefühl und großem Geschick verstand sie es, politischen Einfluss zu üben und von Persönlichkeiten wie Kaiser Barbarossa und Papst Alexander III. angehört zu werden.

Zudem scheute sie sich auch nicht, bedeutende Persönlichkeiten in rechter Weise zu ermahnen und für das einzustehen, woran sie glaubte und was sie für richtig hielt. ­ Sie war zweifelsohne eine starke Frau, die auch heute noch zahlreiche Menschen für ihren Glauben sowie im Alltag inspiriert und von der man vieles lernen kann.

Klostereintritt

Hildegards Entscheidung für das Leben im Orden wurde 1114 durch das Ablegen der ewigen Gelübde besiegelt, womit sie offiziell dem Benediktinerorden beitrat. Vom heiligen Otto, dem Bischof von Bamberg, empfing sie dazu den Ordensschleier.

Als ihre Lehrerin Jutta von Spanheim im Jahr 1136 verstarb, wurde sie im Alter von 38 Jahren zur geistlichen Mutter (Magistra) ihrer Gemeinschaft gewählt. Die Wahl aber nahm sie nur zögernd an, aufgrund ihres kränklichen Zustands und der Belastung durch ihre Visionen.

Sie mäßigte etwas die Askese der Gemeinschaft, indem sie die Speisebestimmungen lockerte und die sehr langen Gebetszeiten kürzte, was nicht selten zu Auseinandersetzungen mit Abt Kuno von Disibodenberg führte.

Schauperioden der Visionen und Beginn des öffentlichen Wirkens

Ab 1141 begann die erste große Schauperiode ihrer Visionen, die sie in dem Werk »Liber Scivias Domini« - Wisse die Wege Gottes - in Zusammenarbeit mit ihrem Beichtvater, Propst Volmar von Disibodenberg und ihrer Vertrauten, der Nonne Richardis von Stade auf Latein niederschrieb.

Ebenfalls in diese Zeit fällt auch der Beginn ihres öffentliches Wirkens, was vor allem durch diverse Briefwechsel mit vielen hochgestellten Persönlichkeiten ihrer Zeit geschah. In dieser Form trat sie in Kontakt unter anderem mit Bernhard von Clairvaux, Papst Alexander III. und Kaiser Friedrich Barbarossa. Zur gleichen Zeit schrieb und veröffentlichte sie ihre theologischen sowie anthropologischen Vorstellungen.

Der Abt von Disibodenberg verfolgte das Leben Hildegards und ihre Niederschriften genau und brachte diese dem Mainzer Erzbischof Heinrich, dem damaligen Primas des Reiches, der seinerseits im Jahr 1147 Papst Eugen III. anlässlich der Synode von Trier über Hildegards Schau informierte. Nach eingehender Prüfung des Lebens und der Visionen durch verschiedene päpstliche Gesandte, u. a. Primizerius Adalbert, schickte der Papst ein Schreiben an Hildegard und erteilte ihr offiziell die Erlaubnis, die Visionen zu veröffentlichen. Aufgrund dieser Vorgänge, insbesondere durch die besagte Synode, erlangte Hildegard von Bingen schnell eine große Bekanntheit in ganz Europa.

In den Jahren zwischen 1158 und 1163 beginnt Hildegard ihre zweite große Schau, unter dem Titel »Liber vitae meritorum« (»Buch von den Lebensverdiensten«) niederzuschreiben. In dieser moralischen Streitschrift thematisiert sie das Sein und das Handeln des Menschen in Bezug auf seine Umwelt und den Kosmos. Kurze Zeit später, nach einer erneuten Vision im Zeitraum von 1163 bis 1173, beginnt sie mit dem Schreiben ihres Buches »Liber divinorum operum« (»Das Buch von den Werken Gottes«).

Klostergründungen in Rupertsberg und Eibingen

Im gleichen Jahr entschloss sich Hildegard ihr Heimatkloster Disibodenberg, auch gegen den Widerstand der dortigen Benediktinermönche, zu verlassen. Da der Raum für die wachsende Frauengemeinschaft zu klein geworden war, gründete sie mit etwa zwanzig Nonnen auf dem Rupertsbert bei Bingen ein eigenes Kloster.

Die Klostergründung fand ihren Abschluss und ihre Bestätigung mit der Verleihung der offiziellen Urkunde durch Erzbischof Arnold von Mainz am 22. Mai 1158 und durch einen Schutzbrief von Kaiser Friedrich Barbarossa am 10. April 1163, die dem neu gegründeten Kloster auch das Recht der freien Äbtissinnenwahl zusprachen.

Die Anfangsjahre des Klosters waren vor allem gekennzeichnet von wirtschaftlichen Opfern und streitsüchtigen Schwestern, denen die Ordensregel zu streng war. Als diese jedoch das Kloster verließen, blühte die Gemeinschaft auf und wuchs so rasch, das auch hier bald der Platz knapp wurde.

Wegen des schnellen Wachstums des Klosters Rupertsberg erwarb Hildegard im Jahr 1165 das ausgebrannte Augustinerkloster in Eibingen und gründete ein Filialkloster. Sie setzte dort eine Priorin ein und behielt sich die Äbtissinnenwürde vor.

Lebensende

Die beiden Konvente führte Hildegard bis zu ihrem Lebensende. Daneben verfasste sie weitere Schriften und schrieb unablässig Briefe an die wichtigen Persönlichkeiten ihrer Zeit. Zudem unternahm sie beschwerliche Reisen durch Deutschland, wo sie als Vermittlerin zwischen streitenden Konventen auftrat und eine Vielzahl an Klerikern an ihre Pflichten erinnerte. Sie kritisierte dabei besonders die Machtgier und Prunksucht der verschiedenen Amtsträger.

Am 17. September 1179 starb Hildegard im Alter von 81 Jahren in dem von ihr gegründeten Kloster Rupertsberg bei Bingen.

Heiligsprechung

Hildegard wurde schon zu Lebzeiten wie eine Heilige verehrt. Der erste Antrag auf Heiligsprechung erfolgte bereits im Jahr 1228. Dieses offizielle Heiligsprechungsverfahren wurde von Papst Gregor IX. (1227–1241) durch eine von ihm verfasste Untersuchung begonnen, aber nicht abgeschlossen.

Trotz der Tatsache, dass heute kein Abschluss eines damals auch nicht zwingend nötigen Heiligsprechungsverfahren bekannt ist, erfolgte die Kanonisation von Hildegard spätestens im Jahr 1584 mit der Aufnahme in die Erstausgabe des Martyrologium Romanum.

Ihr Gedenktag in der Liturgie der Kirche ist am 17. September. In etlichen katholischen Diözesen Deutschlands wird der Gedenktag auch als Fest begangen.

Am 10. Mai 2012 dehnte Papst Benedikt XVI. die Verehrung der hl. Hildegard auf die ganze Kirche aus und erhob sie offiziell zur Heiligen.

Mystikerin und Kirchenlehrerin

Hildegard von Bingen wurde am 7. Oktober 2012 von Papst Benedikt XVI. zur Kirchenlehrerin erhoben und gehört seitdem neben Katharina von Siena, Teresa von Ávila sowie Thérèse von Lisieux zu den vier Frauen, die diesen besonderen Kirchentitel erhalten haben.

Den Ehrentitel »Kirchenlehrer« oder »Kirchenlehrerin« bekommen Personen zugesprochen, welche einen prägenden Einfluss auf die Theologie der christlichen Kirche hatten. Hildegard von Bingens zahlreiche Werke und Briefe sind Zeugnis für ihren Einfluss sowie ihr Wirken und dienen mitunter als Grundlage für ihre Erhebung zur Kirchenlehrerin.

Laut Überlieferung soll Hildegards visionäre Begabung bereits im zarten Alter von drei Jahren begonnen haben, als sie eines Tages ein überaus helles Licht gesehen haben soll. Von diesem Tag an soll sie angeblich von regelmäßigen Visionen heimgesucht worden sein, welche sich mitten im Alltag und bei völligem Bewusstsein ereigneten. Die Mystik der Hildegard von Bingen ist eng mit der Kirche verbunden und das Ergebnis ihrer Visionen, die sie Zeit ihres Lebens begleiteten. Die in ihren Werken beschriebenen mystischen Erlebnisse sind somit nicht theoretischer Natur, sondern beruhen auf ihrer eigenen Erfahrung.

Als Kirchenlehrer (lateinisch: doctores ecclesiae) werden jene Theologen bezeichnet, die einen großen Einfluss auf die Theologie der christlichen Kirche haben. Nur ganz wenige, besonders bedeutende Theologen wurden mit dem Titel Kirchenlehrer ausgezeichnet. In der Antike und so auch bis heute in den orthodoxen und altorientalischen Kirchen geschah eine Ernennung relativ spontan. In der römisch-katholischen Kirche wird die Erhebung zum Kirchenlehrer formell ausgesprochen.

Die acht Kirchenlehrer der Ost- und der Westkirche: Hieronymus, Ambrosius von Mailand, Augustinus von Hippo, Papst Gregor der Große, Johannes Chrysostomos, Basilius von Caesarea, Gregor von Nazianz und Athanasius von Alexandria werden von beiden Kirchen als Kirchenlehrer bezeichnet.

Die römisch-katholische Kirche hat nach der Reformationszeit den Titel Kirchenlehrer eigens definiert und ihn auch Theologen späterer Jahrhunderte verliehen. Mittlerweile beläuft sich die Liste der Kirchenlehrer in der römisch-katholischen Kirche auf 35 Heilige.

Einfluss und Bedeutung der heiligen Hildegard heute

Hildegard von Bingen sowie ihre Werke haben mittlerweile weltweit an Bedeutung gewonnen. Inzwischen befassen sich international zahlreiche Forschungsarbeiten und -gruppen und Hildegard-Gesellschaften mit ihren Werken und zeugen von dem weltweiten Interesse an der bemerkenswerten Benediktinernonne. So lassen sich immer mehr Bücher, Filme und Ratgeber finden, die sich mit Hildegard von Bingen, ihrem Leben und ihren Lehren befassen.

Immer größere Beachtung findet vor allem Hildegards besonderes Wissen um die Naturheilkunde, welches sich hautsächlich um Pflanzen, Edelsteine und um die holistische Betrachtung des Menschen dreht. Es scheint heute genauso aktuell wie vor 1000 Jahren zu sein und entspricht beispielsweise auch in Hildegards Anleitungen zum Fasten den modernen Erkenntnissen. Das Heilfasten nach Hildegard von Bingen erfreut sich unter anderem so großer Beliebtheit, weil es ein ganzheitliches Fasten von Leib und Seele ist und als solches von viel Ruhe und Innehalten begleitet wird.

Alljährlich wird am 17. September der Gedenktag der heiligen Hildegard begangen. Dieser Tag wird in der Abtei St. Hildegard und der Stadt Eibingen als ein Hochfest gefeiert. Die Stadt Eibingen begeht dazu das so genannte Hildegardisfest, welches sich wie folgt unterteilt:

  • 1. Am Morgen wird ein feierliches Pontifikalamt gehalten.
  • 2. Anschließend erfolgt eine Reliquienprozession (seit 1857).
  • 3. Am frühen Abend wird das Fest mit dem Gebet der Vesper beschlossen.

Der Reliquienschrein ist nur an diesem Tag für alle Gläubigen zugänglich, da die Tür an der Vorderseite des Schreines während des restlichen Jahres geschlossen ist.

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Quellen

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