Lydia von Philippi - Die erste Christin in Europa
Auf dem Weg zum Glauben
Obwohl ihr in der Bibel nur wenige Verse gewidmet sind, nimmt Lydia als Frau in der Geschichte des Christentums eine besondere Rolle ein. Nach Maria, der Mutter Jesu Christi, gehört Lydia zu den bedeutendsten Frauen des Neuen Testaments. Sie ließ sich nicht nur von den Missionaren Silas und Paulus taufen, sondern war auch der erste Mensch in Europa, der christlich getauft wurde. Der erste Christ in Europa war also weiblich.
Lydia erscheint nicht nur aufgrund ihres tiefen Glaubens als starke Frau, sie setzte sich für die urchristliche Gemeinde bereitwillig ein, nahm sie bei sich auf und unterstützte auf diese Weise auch die Missionsarbeit des Paulus.
Lydias kurze Erwähnung in der Bibel und ihre große Bedeutung
Lydia als Teil einer Mission
Alles, was man von Lydia weiß, steht in nur wenigen Sätzen in der Bibel. Die Geschichte um Lydia findet in der Apostelgeschichte Erwähnung und wird vom Apostel Lukas berichtet.
Sie beginnt mit einer Vision Paulus’, in welcher er einen Mazedonier erblickt, der ihn bittet, nach Mazedonien zu reisen und den Menschen dort zu helfen. Mit der Gewissheit, von Gott berufen worden zu sein, das Evangelium zu verkünden, macht sich Paulus auf den Weg nach Philippi, einer Stadt im Ostteil Mazedoniens. Dort angekommen, verweilen Paulus und Silas einige Tage, ehe sie sich am Sabbat auf dem Weg zum Fluss außerhalb der Stadt machen, da sie vermuten, dort auf eine jüdische Gemeinde zu treffen, der sie das Evangelium verkünden können.
Von einer Gottesfürchtigen zur Christin
Am Fluss, wo das Wasser üblicherweise für rituelle Waschungen verwendet wird, treffen Paulus und Silas auf eine kleine Gruppe von Frauen, die sich an dieser Gebetsstätte eingefunden hat. Sie setzen sich zu ihnen und beginnen, mit ihnen zu sprechen. An dieser Stelle berichtet Lukas von einer bestimmten Frau aus der Gruppe, welche er als einzige näher beschreibt. Es handelt sich um Lydia, die den beiden Männern aufmerksam zuhört. Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, wird von Lukas als »Gottesfürchtige« beschrieben.
Dies bedeutet, dass Lydia offiziell keine Jüdin ist, jedoch scheint sie sich für diesen Glauben zu interessieren, da sie sich mit den anderen Frauen an der Gebetsstätte aufhält. Als Lydia den Aposteln zuhört, so heißt es in der Bibel, öffnet Gott ihr das Herz, sodass sie Paulus' Worten mit großer Aufmerksamkeit folgt. Dies muss der Moment gewesen sein, an dem sich Lydia dazu entscheidet, ein Teil der Christengemeinde zu werden und sich taufen zu lassen.
Herz und Heim für Gott geöffnet
Die erste Christin Europas beschließt jedoch nicht nur, sich taufen zu lassen: Ferner heißt es in der Apostelgeschichte, dass sowohl sie als auch alle, die zu ihrem Haus gehörten, getauft wurden. Man kann also davon ausgehen, dass sich sämtliche Angestellte Lydias taufen ließen und Teil der urchristlichen Gemeinde wurden. Dies deutet bereits die Tiefe ihres Glaubens an.
Lydia unterstützt auf diese Weise die Missionsarbeit des Apostels. Doch sie geht noch weiter und bittet Silas und Paulus darum, in ihr Haus zu kommen und dort zu bleiben. Es scheint, als wollte Lydia unbedingt den Beweis dafür haben, dass die Missionierenden von ihrem neuen Glauben überzeugt sind. Sie öffnet ihr Haus für die erste christliche Gemeinde in Philippi und steht ihr von da an vor.
Von einer Sklavin zur erfolgreichen Händlerin
Die Stärke Lydias lässt sich jedoch nicht nur aus ihrem tiefen Glauben und ihrer Hilfsbereitschaft ableiten. Die wenigen und dennoch präzisen Angaben zu ihrer Person gewähren tiefere Einblicke und ermöglichen weitere Einsichten zu dieser interessanten Frau. Bereits ihr Vorname ist ein Indiz dafür, dass sie in der Vergangenheit ein Sklavin gewesen sein könnte. »Lydia« ist im Grunde eine Herkunftsbezeichnung und bedeutet so viel wie »die Lydierin«.
Da es in der Antike üblich war, Sklaven nach dem Ort, wo sie verkauft wurden, zu benennen, kann es gut sein, dass »die Frau aus Lydien« auch eine Sklavin war. Genaueres über das vergangene Leben Lydias erfährt der Leser jedoch nicht, so dass im Dunkeln bleibt, ob sie eine Sklavin war und wenn ja, wie sie sich aus diesem Sklavenstatus befreien konnte.
Sehr wahrscheinlich ist allerdings, dass Lydia, ungeachtet ihres ehemaligen Standes, zum Zeitpunkt der Begegnung mit Paulus und Silas eine freie und selbstständige Geschäftsfrau gewesen sein muss. Sie spricht zweimal von »ihrem Haus«, was darauf hindeutet, dass sie eine freie Frau war, da sie ansonsten keine Hausherrin gewesen wäre. Auch die Berufsbezeichnung der Purpurhändlerin deutet darauf hin, dass Lydia mit aller Wahrscheinlichkeit wirtschaftlich gut aufgestellt war.
Das Handeln mit dem Luxusprodukt Purpur setzt eine wirtschaftliche Situation voraus, die den Einkauf, Transport sowie die Lagerung von Waren möglich macht. Man kann somit davon ausgehen, dass Lydia sowohl Hausherrin als auch tüchtige Geschäftsfrau war, was ihr womöglich dabei half, Einfluss zu üben und die erste christliche Gemeinde in Philippi bei sich zu empfangen.
Die Wirkungsgeschichte um Lydia
Da Lydia aus heutiger Sicht die erste Christin Europas war, verspüren auch heute noch zahlreiche Menschen den Wunsch, an dem vermuteten Ort ihrer Taufe selbst auch getauft zu werden. An dieser Stelle befindet sich inzwischen eine Taufstelle mit Zugang zum Wasser sowie eine Taufkapelle, die zu Lydias Ehren errichtet wurde.
Spannende Erzählung vom Glaubensweg einer Frau
Um diese besondere Frau hat Autor Josef F. Spiegel den spannenden Roman »Lydia. Purpurhändlerin in Philippi« geschaffen, welcher die Lebensgeschichte der ersten Christin Europas einfühlsam und lebendig erzählt. Basierend auf den biblischen Schriften des Neuen Testaments zeichnet der biblische Roman Lydias Glaubensweg anschaulich nach.
In diesem spannenden Frauenroman werden nicht nur Einblicke in die antike Lebenswelt gewährt, sondern auch die biblische Geschichte um Lydia kunstvoll mit der Sprache einer lebendigen Erzählung vereint. Informativ und packend bietet die Geschichte um Lydia einen literarischen Zugang zur biblischen Vorlage.
Quellen
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